Ja, heute ist es soweit: heute (7.9.2019) findet die Aufnahme-Zeremonie statt, in der ich von Yang Laoshi als Tudi aufgenommen werde. Aber erst einmal ist trainieren angesagt: ganz normal und wie immer heißt das Morgentraining um 6:30 h, dann

Training der neuen Form ab 09:30 h bis irgendwann nach 11:00 h und dann nochmals nachmittags ab 15:00 h. Dazwischen heißt es heute für mich Abschied nehmen von meiner Familie, die am Sonntag zurückfliegt und daher heute schon nach Beijing abreisen muss. 

Nach dem Nachmittagstraining heißt es für mich dann schnell umziehen. Ordentliche und schöne Taiji-Kleidung – dem Anlass entsprechend darf es auch festlich sein. Ich habe mir dafür extra einen neuen Anzug genäht und bestickt, der heute hier in China seinen Ersteinsatz findet. Dann heißt es den Raum herrichten: das Bild Yang Luchans aufhängen, das Banner darüber hängt schon. Räucherstäbchen richten, Tee richten, die Stühle so aufstellen wie gewünscht. Nochmals meinen chinesischen Text durchgehen – ganz wichtig. Und dann sind alle schon da. Ich freue mich riesig, dass so viele gekommen sind. Sogar Yang Laoshis Frau ist aus Handan gekommen. Auch wenn der erste Teil der Zeremonie ganz klar festgelegt und hochoffiziell ist, ist die Stimmung gelöst, heiter, freudig. Das beruhigt auch meine Nerven. Den Spickzettel habe ich in der Hosentasche – und da wird er auch bleiben, ich brauche ihn später dann nicht. 

Und dann geht es los: alle setzen sich oder stellen sich rundherum auf. Zunächst wird Yang Laoshi die Räucherstäbchen vor dem Bild des Stilbegründers anzünden – die Ahnen ehren steht an erster Stelle. Dann wird Yang Laoshi vorgestellt, alles Wichtige zum ihm und seinem Taijiquan inklusiv seiner vielen gewonnenen Medaillen kundgetan. Daneben wird auch über sein gesellschaftliches Engagement berichtet. Danach werde ich und mein bisheriger Taiji-Werdegang vorgestellt. Danach komme ich dran – meine Rede: warum ich Tudi werden will und was ich für meinen Laoshi gedenke zu tun. Teil eins mache ich auf englisch, Teil 2 dann auf chinesisch. Auch der chinesische Teil klappt gut. Dann kommt die Überreichung meines Tudi-Briefes, des Hong-Baos und der Ernennungsurkunde (die später unterzeichnet wird). Es folgen die Ehrbezeugungen dem neuen Shifu (Laoshi) gegenüber und dann reiche ich Tee. Zum Abschluss wird die Urkunde unterzeichnet: erst von mir, dann von den Zeugen, zuletzt von Meister Yang Jian Chao. Und dann werden Fotos gemacht – auch hier erst ein paar offizielle, dann mit (fast) allen Anwesenden.

Nun kann zum gemütlichen Teil übergegangen werden: es ist üblich, dass der neue Tudi die Gäste zu einem Essen einlädt. Gut, dass Yang Laoshi dieses Restaurant gewählt hat: es gibt zwei sehr große Räume mit riesigen runden Tischen. Rund 30 Personen bleiben zum Essen insgesamt. Das Essen ist sehr lecker, sehr vielfältig – es ist alles dabei, Gemüsegerichte, diverse Fleisch- und Fischgerichte, Garnelen, eine Suppe darf auch nicht fehlen. Es ist ein schönes Fest, mit jedem habe ich Kontakt, zumindest ein Zuprosten mit „gan bei“ ist drin. Auch im anderen Raum lasse ich mich natürlich sehen, bedanke mich auch dort bei allen, dass sie gekommen sind.

Ein wunderbarer Tag geht dann dem Ende entgegen. Ich danke Yang Laoshi nochmals für alles.